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[Kurzgeschichte] unten

deadmanproxy

Otaku Novize
4 Sep. 2013
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Er beugte sich nach unten. Früher, so schien es jedenfalls, war dort nur reiner Wiesensamen gesäht worden. Jetzt war dort ein Loch, überdeckt mit Brettern, die eines der schlimmsten Ereignissen seines Leben verdeckten.

"Komisch oder?", dachte er bei sich. Wie schnell etwas zu Ende gehen kann. Er schaute nach oben in den mit Wolken bedekten Himmel. Nach einer Antwort suchend. Man kann vorher Atheist gewesen sein. Aber in solchen Momenten fangen dann Menschen doch an, zu beten. Besonders dann, wenn es längst zu spät ist. Vielleicht als Schutzmechanismus. Oder als letzten Ausweg.

Der Glaube war es. Der irgendwie dann doch in ihm schlummerte. Er verschränkte seine Hände, wollte anfangen zu beten. Für Dinge, die ihn bedrückten. Für Dinge, die ihm das Blut in den Adern erfrieren ließen. Immer noch in den Himmel blickend, bemerkte er erst jetzt, was er eigentlich tat. Er weinte. Schon so lange war es her, als es das letzte mal passierte. Den Gefühlen freien Lauf lassen. Jedenfalls ist es das, was immer alle sagen, was man tun soll, wenn alles vergebens ist.Wenn all die Hoffnung sich in Schatten hüllt.

Sein Gesicht war nass. Seine Kleidung, seine Haare. Einfach alles. Es regnete in Strömen. Er fragte sich, ob es leichter gewesen wäre, im Sonnenschein zu weinen. Vielleicht durch die Wärme, die dann durch den Körper fließt. Vielleicht würden dann die Hände nicht mehr zittern. Und vielleicht... würde dann sogar das Herz, den eigenen Rythmus wiedererlangen.

"Wir schaffen das...". Sie war am Telefon zusammengebrochen und weinte aus tiefster Seele. "Wir schaffen das...", sagte er zu ihr. Er ging auf die Knie und umarmte sie. "Ich bin immer für euch da...". Trotzdem wusste er, dass er log. Konnte man immer für jemanden da sein? Zu jeder Zeit? An jedem Ort? Er musste wohl wirklich anfangen zu Glauben. Daran, dass irgendwann wieder alles gut wird. Dass irgendwann alles vorbei ist. Die Trauer. Der Schmerz. Eine Wunde kann heilen. Aber eine Narbe wird immer bleiben.

Und genau das war es, dass ihm Angst machte. Es bleibt immer etwas zurück. Der Regen plätscherte agressiv auf ihn ein. Es war einfach kein guter Tag. Keine gute Woche. Keine guten Jahre gewesen. Man stellte sich irgendwann darauf ein, dass es passieren wird. Doch selbst wenn man es weiß, ist es genauso schlimm. Wenn nicht sogar noch schlimmer.

Er blickte aus dem Fenster. Er hörte sie immer noch weinen. Es war vor einer Woche gewesen, dass er dort stand. In Gedanken versunken. Unfähig eine einzige Träne zu vergießen. Vielleicht lag es an seinem Herzen. Vielleicht war er nicht fähig, so etwas zu zeigen. Er drehte sich um und sah seinen kleinen Bruder im Bett sitzen. Er brachte keine Worte über die Lippen, wollte aber unbedingt etwas sagen. Sagen, wie leid es ihm doch tat. Und das er immer für ihn da sein würde. Genauso, wie er es ihr vor ein paar Minuten auch schon gesagt hatte. Doch er wusste, dass er dann lügen würde. Niemand ist ewig da. Wie soll man dann für jemanden da sein. Für immer.

Er öffnete die Augen und sah sich um. Viele Leute waren da. Die ganze Familie. Menschen, die man Jahre lang nicht gesehen hatte, kamen nun um daran teilzuhaben. "Er war stolz wie Oscar auf seinen ersten Sohn!". Waren das wirklich die ersten Gefühle, die er für ihn empfand. Wie würde er nun fühlen, wenn er ihn nun dort sitzend sehen könnte? Der Gedanke trieb ihm die Tränen in die Augen. Er schaute sich nochmals um. Ja, das muss er wohl sein. Einer der wenigen Momente im Leben, wo man einfach mal sich selbst sein konnte. Sich losreißen von all den Sorgen. Um sich nur auf einen Gedanken zu konzentrieren. Einen Menschen zu ehren, den man sein ganzes Leben lang lieben wird. Egal was kommen mag. Er schloss die Augen und lies sich treiben, wischte die Tränen weg und atmete tief durch.

Der Regen wurde lauter. Langsam merkte er jeden einzelnen Tropfen. Sie waren kalt und schmerzten. Eine Hand glitt auf seine Schulter. Er öffnete die Augen und stand wieder vor diesem Loch. Sein Cousin versuchte ihn zu trösten. Er sah ihm in die Augen. Sie waren rot und schmerzten wahrscheinlich sehr. Immer wieder lief eine Träne sein Gesicht hinunter. Ohne ein Wort zu sagen drehte er sich wieder zum Loch im Boden um, spürte aber immer noch die Hand von ihm. Irgendwie gab sie ihm Kraft. Er fühlte sich verbunden. Wusste, es gab noch etwas wofür er hier war. Er hob seinen rechten Arm. In der Hand eine rote Rose haltend. Die Finger bluteten. Zu sehr hatte er die Rose festgehalten. Merkte aber erst jetzt den Schmerz, den die Dornen seinen Händen hinterließen. Er trat hervor. Sah noch einmal zum Himmel hinauf und sagte zu sich selbst "Für mich wirst du nie hier unten liegen. Sondern immer oben sein. Nicht im Himmel, nein. Sondern einfach an erster Stelle. In meinem Herzen!". Er ging auf die Knie und ließ die Rose in das Loch fallen. Es herrschte Stille. Nur der Regen war zu hören. Er stand auf. Drehte sich um und schaute jedem der Anwesenden in die Augen. Er senkte den Kopf, um seine Tränen nicht zu zeigen. "Ich muss stark sein...", sagte er zu sich selbst und ging fort.
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Für Feedback, Kritik oder Rückfragen stehe ich natürlich zur Verfügung!
 

SamDragonTV

Otaku Amateur
17 Okt. 2015
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AW: [Kurzgeschichte] unten

Bravo gut gelungene geschichte, hast viele adjektive benutzt und beispiele genannt. Aber man hört leider raus das du ein mädchen bist... ist zwar nicht schlimm wenn du eine romanze schreiben willst aber ich breuchte einfach ein bischen sinn im sinne von weniger "du musst stark sein" und mehr philosophischen stützen. Aber für eine kurze romanze war es sehr bewegend.
 

nightsky

Otaku Novize
24 Okt. 2015
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AW: [Kurzgeschichte] unten

Ein sehr schöner Text!
Wirklich Respekt dafür, du hast die Emotion die du vermitteln wolltest sehr gut rüber gebracht, meiner Meinung nach.
Zu dem Post meines Vorredners, von Romanze sehe ich keine Spur und dass der Autor weiblich oder männlich ist stelle ich auch in Frage, allein vom Text wird das nämlich absolut nicht deutlich ;)
Nicht einmal die Personen in der Kurzgeschichte werden näher beschrieben und das finde ich sehr gut, denn der Fokus lag einzig und allein auf dem Gefühl, das vermittelt werden sollte.

Es gibt ein paar kleine Schreibfehler, bitte Groß- und Kleinschreibung beachten, nicht weiter schlimm :)
Dieser Satz ist aus der vorletzten Passage,
"Einer der wenigen Momente im Leben, wo man einfach mal sich selbst sein konnte."
Das kann man so leider nicht sagen, ich würde empfehlen "Einer der wenigen Momente im Leben, indem man einfach selbst sein konnte."

Ansonsten habe ich nichts weiter auszusetzen, nach einem mal Lesen.
Weiter so! :)